Artikel in Lübecker Nachrichten:

Muutter und Tochter meisterhaft am Piano

Artikel aus den Lübecker Nachrichten vom 6. Mai 2007:

"Ich habe hier eine Familie - mit vielen, vielen Kindern": Tatiana Kovelevskaia lacht. Ihre Kinder, das sind ihre Klavierschülerinnen. Und die genießen ihre Dozentin - auch , wenn "Mutter" manchmal streng ist.

Denn bei aller Liebe zur Musik und zu den Menschen, die bei ihr das Klavierspiel erlernen: Schlunzigkeiten oder gar Übungsfaulheit lässt Kovalevkaia nicht durchgehen - ihrem sechsjährigen jüngsten Schüler nicht und auch nicht der 65-jährigen Dame, die nun, mit Erreichen des Rentenalters, lernen will, die schwarzen und weißen Tasten zu beherrschen.

Gibt es im Alter eine Obergrenze, noch mit dem Piano zu beginnen? "Nein", sagt Tatiana Kovalevskaia. "Es ist doch schön, wenn die Menschen im Alter endlich Zeit haben, sich selbst eine große Freude zu machen." Die begabteste Schülerin der 2001 nach Deutschland eingewanderten Russin war es nur für kurze Zeit: Tochter Marija Kovalevskaia (21) begann mit sechs Jahren konzentriert bei der Mutter zu lernen, die sich selbst "erst" mit sieben Jahren ans Klavier gesetzt hatte. Bald trennte man Familienleben und musikalische Ausbildung: Maria ging zu einer Musikschule, besuchte später das Moskauer Konservatorium, wo Tigran Alichanov ihr Lehrer war, damals Professor, heute Rektor des Konservatoriums. Bald gewann sie in ihrer Heimatstadt den Beethoven-Wettbewerb.

Der Schritt, nach Deutschland zu gehen, war für Mutter wie Tochter alles andere als ein musikalischer Rückschritt: Maria Kovalevskaia studiert in Hamburg bei Jewgenij Koroliow, einem der weltbesten Bachinterpreten. In diesem Jahr will Maria ihr Diplom machen, und so gerät jedes Konzert, das sie bis dahin gibt, zu einer Art öffentlichen Generalprobe - auch ihr Auftritt am Mittwoch, 16. Mai, ab 20 Uhr in den Segeberger Kliniken. Das Programm entscheidet die Künstlerin kurzfristig, bestimmt dabei sein wird Ravels "Sonatine pour piano".

Mutter Tatiana Kovalevskaia ist natürlich stolz auf ihre Tochter, die junge Konzertpianistin, die keine Gelegenheit auslässt, mit bekannten Musikern zu proben. So kürzlich als Klavierbegleiterin für die Sängerin Maia Bulgakova, die in Amsterdam an einem Meisterkursus von Robert Holl teilnahm. Stolz ist die Mutter aber auch auf ihre übrige Familie, ihre Segeberger Schüler, die sie seit 2004 unterrichtet: Lisa Kuchenbrandt etwa ist erst zwölf Jahre jung, gewann aber schon den 3. Preis bei "Jugend musiziert". Gern tritt Kovalevskaia auch mit Jonathan Gleichmann auf, einem Klavierschüler, der nebenher die spanische Kastagnetten meisterhaft beherrscht: "Mit ihm spiele ich wie mit einem Kollegen, nicht wie mit einem Schüler", sagt die Musikpädagogin.

Stolz ist aber auch die Volkshochschule auf eine Dozentin dieser Güteklasse. "Das Ganze ist ein Riesenglücksfall für uns", sagt Dr. Jürgen Weber von der VHS. "Als Tatiana Kovalevskaia sich 2004 bei uns bewarb, ganz ohne Anlass, war uns gerade eine Klavierlehrerin abgesprungen." Schnell gab es eine, auch zahlenmäßige Rückkoppelung von Seiten der Schüler: Hatte Kovalevskaia anfangs zwei bis drei Schüler, wurden schnell 13 daraus. Einige Plätze sind noch frei, aber mehr als drei Tage pro Woche möchte die Russin nicht unterrichten.

Am Sonntag, 8. Juli, können alle Segeberger sich am 10:30 Uhr im Seminarraum der Segeberger Kliniken bei einem Schülerkonzert davon überzeugen, welche Fortschritte die Piano-Adepten mittlerweile gemacht haben. Und am 4. November gibt Tatiana Kovalevskaia selbst ihr nächstes Solokonzert in den Kliniken.